normal people

Man weiß, da ist etwas zwischen Colin und Marianne. Aber dieses etwas wird nicht ausgelebt. Es wird wieder und wieder artikuliert – das Problem ist nicht, dass sie zu wenig ich liebe dich sagen. Aber dieses etwas zu artikulieren, ist nicht genug. Das allein bedarf Aufmerksamkeit, denn oft ist es genug, zu artikulieren.

Etwas wird artikuliert, aber nicht gelebt. Wieso tut es weh, wenn etwas nicht gelebt wird? Es ist, als wäre dies die Kehrseite der anfänglichen Schmetterlinge, wenn etwas, das nicht gelebt wird, eine träumerische, fantasierende Form annimmt. Etwas an den Schmetterlingen kann nicht nach außen. Die fantasie zerbricht an der Schleifform der Realität. In der Realität können wir uns nicht einmal die Realität der Fantasie vorstellen. Und was bringt es, wenn die Welt es sieht? Wenn es draußen ist, werden wir gesehen, nicht aber unser Traum. Es ist fast, als würden sie deshalb ihre eigenen Personen bleiben wollen. Wohlwissend, dass das, was sie einander anziehend macht, eine Form verlangt. Es verlangt eine Existenz in der Welt. Aber das ist genau das, was die Fantasie nicht sein kann. Sie kann existieren, aber nur in einer Unterdrückung jeglicher Form.

Diese Kehrseite der Schmetterlinge ist der Schmerz, der auch glücklichen Momenten ihre eigentlich narzisstische Spannung verleiht. Ist es also weniger narzisstisch, diese Spannung aufzulösen? Wenn Marianne sagt, dass sie sich auf den Boden legen würde, und er alles mit ihr tun könnte, was er will, ist das ein Weg, die Spannung zu erhalten. Ich als Person auf dem Boden und doch bist du etwas für mich. Ich kann Dingen eine Form geben. Nur diesem Ding kann ich keine Form geben, oder ich will es nicht. Das ist vielleicht die einzige Unbekannte. Ist es eine Frage des Könnens oder des Wollens? Die Fantasie verwischt diese Frage. In der Fantasie wird Dingen eine Form gegeben, die die Realität nicht ohne weiteres stabil halten kann. Es ist kein Kartenhaus, sondern ein Haus aus Karten.

Vermissen trifft nicht die Wucht, die Connell verspürt, wenn er bereut, dass er sie allein gelassen hat. Es ist, als wäre er auf dem falschen Gleis. Die Fantasie, und damit alles, was je war, ist zusammengebrochen. Als er sagt, er wisse nicht, wovon sein Freund redet, wenn er ihn nach ihr fragt, ist er ehrlich. Alles, was gewesen ist, ist eine fantastische Verzerrung der Realität. Das heißt nicht, dass es nicht wahr war oder nicht existiert hat. Ich kann dir Form geben, wenn wir annehmen, dass es Form nicht gibt. Es gab kein Versprechen, denn wem gegenüber hätte etwas versprochen werden sollen? Realität verspricht sich selber nichts. Die Realität der Fantasie war fantastisch.

Die Abwesenheit von Form ist, in all ihrer Euphorie, schmerzlich. Sie ist nicht auszuhalten. Und doch sind sie sich uneins, sonst gäbe es keinen anhaltenden Schmerz. Sie verwehren sich die simple Affirmation, dass da etwas ist. Wo eine Situation wie ihre oft als etwas, das existiert, aber an der Welt scheitert, verstanden wird, und Versprechen ohne reale Korrespondenz gegeben werden, sind sie radikaler: Nichts existiert für sie außer einer Fantasie, die nur als etwas Unvollendetes real sein kann. Nichts existiert außer einem leeren Versprechen.

Wenn wir etwas fühlen, was uns im Weg liegt, kommt das nicht von uns, sondern von früher. Liebe ist urzeitlich. Wir wissen heute nicht, was wir mit ihr anfangen sollen. Was sie von uns verlangt ist nicht nur in ihr selber eingeschlossen, sondern versteht sich als Antwort auf vergangene Versuche. Wir antworten unseren Eltern und allen, die vor ihnen kamen. Bei dieser Begegnung zu schnell zu sprechen, lässt sie vorübergehen.

helena

         

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